

Trotz Pandemie Stabilität in der Bauwirtschaft
Zufriedenstellende Auftragslage – Fachpersonal dringend gesucht. Die heimischen Bauunternehmen erwiesen sich auch im zweiten Jahr der Pandemie als zuverlässiger Konjunkturmotor in Vorarlberg. Die Einschätzung der Bauunternehmer zum Jahresende 2021 zeigt eine solide Auftragssituation mit einem leichten Plus von sieben Prozent.
Auch für das erste Halbjahr 2022 sind die Erwartungen weiterhin stabil, fasst Innungsmeister Peter Keckeis die Ergebnisse der Blitzumfrage 2021 zusammen. „Corona hat unseren Arbeitsalltag beeinflusst, wir haben aber auch gelernt, unsere Flexibilität zu erhöhen und die Digitalisierung wurde vorangetrieben. Die großen Herausforderungen 2021 waren Knappheit und Preissteigerungen bei Rohstoffen sowie fehlender Deponieraum und Personalmangel.“
Die Blitzumfrage zeigt ein zufriedenstellendes Stimmungsbild in der heimischen Bauwirtschaft. Die Corona-Vorgaben konnten durch gute Organisation in die täglichen Arbeitsabläufe integriert werden. Vor allem durfte die Bauwirtschaft konstant ihre Leistung erbringen und zählt somit zu den Stützen der Konjunktur, erklärt Innungsmeister Peter Keckeis. Dies spiegelt sich in den Befragungsergebnissen wider: Im Vergleich zum Dezember 2020 wird die aktuelle Auftragslage zum Jahresende 2021 mit einem Plus von 7,5 Prozent eingeschätzt. Vorsichtig optimistisch sind die Betriebe für das erste Halbjahr 2022 – da wird auf einer soliden Basis ein moderater Zuwachs von vier Prozent erwartet. Der Auftragsbestand der Vorarlberger Bauunternehmen ist wieder auf dem Level von vor Corona angekommen. Zum dritten Quartal konnte Vorarlberg einen Auftragsbestand von 19,7 Wochen vorweisen, das ist ein Plus von 1,8 Wochen im Vergleich zum Vorjahr.
Großprojekte in Industrie und Gewerbe
Sowohl im öffentlichen als auch im gewerblichen Bereich hat sich die Auftragslage in einem vernünftigen Ausmaß eingependelt, erklärt Alexander Stroppa, stellvertretender Innungsmeister. Großprojekte im Jahr 2021 waren im Straßenbau der neue Autobahnknoten Dornbirn Süd mit umfangreichen Bauarbeiten an der L39 und L45, Vorarbeiten für den Stadttunnel Feldkirch sowie Sanierungen der A14 im Bereich Nüziders/Bürs. Für das kommende Jahr sind weitere Autobahnprojekte geplant wie Rheintal Mitte, die neue Abzweigung Bludenz/Montafon und der Ausbau der S16, außerdem das neue Rathausquartier in Hohenems und die Erweiterung Festspielhaus Bregenz. Auch im Gewerbe- und Industriebau sind zahlreiche Großprojekte für 2021 geplant, so Stroppa.
Preissteigerungen, Materialmangel und fehlender Deponieraum
Die Materialknappheit verbunden mit einer drastischen Preissteigerung bezeichnet Alexander Stroppa als das größte Problem für die Bauunternehmen. „Lieferengpässe und von uns nicht beeinflussbare Rekordpreise für Rohstoffe belasten die gesamte Branche und auch unsere Kund:innen. Stroppa verweist außerdem auf die schwierige Rohstoffversorgung sowie den Mangel an verfügbaren Bodenaushubdeponien im Land. „Es fehlen nach wie vor die notwendigen Abbau- und Deponiebewilligungen. Diese sind Voraussetzung, um Bauprojekte in einer angemessenen Zeit zu vernünftigen Kosten realisieren zu können. Hier ist die Politik gefordert, endlich zu konstruktiven Lösungen zu kommen“, erklärt Alexander Stroppa.
Durch die Pandemie wurde die Digitalisierung in vielen Betrieben stark vorangetrieben. Sowohl in den Abläufen auf den Baustellen als auch im Bereich Weiterbildung wird auf innovative digitale Lösungen gesetzt, erklärt Alexander Stroppa. „Mit neuen Ideen und digitalen Kompetenzen eröffnen sich für die Bauwirtschaft neue Chancen für ein effizienteres Arbeiten sowie für mehr Service und Transparenz für die Kund:innen.“
Wohnbau: Deutlicher Trend zu Sanierungen
Als stabiles Fundament der Bautätigkeiten in Vorarlberg erweist sich auch der Wohnbau, der von den Unternehmen unverändert stabil eingeschätzt wird. Im Jahr 2021 wurden in Vorarlberg insgesamt rund 3.300 Wohnungen und Wohnhäuser errichtet. Damit wird das Niveau der bewilligten Wohneinheiten der letzten Jahre fortgesetzt, erklärt Johannes Wilhelm, Wohnbausprecher und stellvertretender Innungsmeister.
Große Erwartungen setzen die Bauunternehmer auf den Bereich Sanierungen mit einer Zuwachserwartung von über zehn Prozent für das kommende Jahr. Johannes Wilhelm begründet diesen Trend einerseits mit einem generellen Interesse an Qualitätsverbesserungen der eigenen Wohnsituation, aber auch Förderungen für energetische Verbesserungen sowie neue gesetzliche Bestimmungen leisten einen Beitrag zur Sanierungsoffensive in Vorarlberg.
Dynamischer Immobilienmarkt: Preise steigen weiter
Vorarlberg zählt zu den am schnellsten wachsenden und (nach Wien) am dichtest besiedelten Bundesländern. „Die Nachfrage nach Immobilien ist in Vorarlberg ungebrochen – daran haben weder die Pandemie noch stark gestiegene Grundstückspreise und hohe Kosten für den Wohnungskauf etwas geändert“, schildert Günther Ammann, Fachgruppenobmann der Immobilien- und Vermögenstreuhänder, die anhaltende Preisdynamik in Vorarlberg. Es sind sowohl Grundstücke als auch Wohnungen auf dem Markt, Corona hat laut Ammann zu keinen wesentlichen Veränderungen geführt. Auch der Mietwohnungsmarkt hat sich erholt und findet mit dem derzeitigen Angebot ein gutes Auslangen. Ammann geht aktuell von einem Bedarf von 3.000 bis 3.200 Neubauwohnungen pro Jahr in Vorarlberg aus.
Wohnbauförderung für leistbaren Wohnraum
Anlass zur Sorge gibt die Eigentumsquote junger Erwachsener, die laut Günther Ammann stark rückläufig ist. Vor zehn Jahren waren noch 38 Prozent der Wohnungsbesitzer:innen unter 30 Jahre alt, heute liegt der Anteil der jungen Erwachsenen bei unter 30 Prozent, Tendenz weiter sinkend.
Als Gründe nennt Ammann die deutlich gestiegenen Immobilienpreise, aber auch die fehlende Anpassung der Wohnbauförderung an die reale Kostensituation. Die hohen Grundstückspreise und die gestiegenen Rohstoffpreise sollten daher bei der Wohnbauförderung genauso berücksichtigt werden wie zusätzliche Aufwendungen für gesetzlich verordnete Auflagen. „Wenn hier nicht rasch gegengesteuert wird, können sich viele Menschen in Vorarlberg kein Wohnungseigentum mehr leisten, obwohl die Wohnbauförderungsmittel vorhanden wären“, kritisiert Ammann.
Personalmangel: Facharbeiter und Lehrlinge gesucht
Der Mitarbeiterstand in der Vorarlberger Bauwirtschaft konnte auch 2021 mit circa 4.000 Beschäftigten im Jahresschnitt gehalten werden. Die mittelfristige Personalplanung mit leichten Zuwächsen ist eine Bestätigung für sichere Arbeitsplätze in der Bauwirtschaft. Zahlreiche Betriebe sind jedoch aufgrund des nach wie vor großen Personalmangels in ihrer Entwicklung eingeschränkt. Sie könnten wesentlich mehr Mitarbeiter:innen beschäftigen, die es aber leider am Markt nicht gibt, betont Johannes Wilhelm. Dringend gesucht werden in allen Bereichen Fachkräfte und Lehrlinge. Für eine Lehre am Bau spricht nicht nur die Sicherheit des Arbeitsplatzes, erklärt Innungsmeister-Stellvertreter Wilhelm. Auch die Qualität der Ausbildung wurde in den letzten Jahren weiterentwickelt und verbessert. Die zunehmende Digitalisierung am Bau hat einen wichtigen Platz als neuer Ausbildungsschwerpunkt. Derzeit werden über 200 Lehrlinge in der heimischen Bauwirtschaft ausgebildet.
Personalstand im Jahresmittel 2021:
Mitarbeitende: 4000
Lehrlinge: ca 200