Michael Amann | Foto: Mauche
© Mauche Daniel

Industrie-Konjunktur: Unsicherheiten bremsen zunehmend

„Die größten Hemmnisse für die Vorarlberger Industrie sind – trotz aktuell voller Auftragsbücher - neben dem permanenten Mitarbeitermangel, die steigenden Energie- und Rohstoffpreise. Probleme mit der Verfügbarkeit von Vormaterialien sowie die weltweit gestörten Lieferketten bremsen die Entwicklung zunehmend und auch der Ukraine-Krieg hinterlässt deutliche Spuren“, fasst Mag. Michael Amann, Geschäftsführer der Sparte Industrie der Wirtschaftskammer, die Konjunkturumfrage für das erste Quartal 2022 zusammen.

An der quartalsmäßigen Umfrage der Sparte Industrie in der Wirtschaftskammer Vorarlberg und der Industriellenvereinigung haben sich 42 Unternehmen mit insgesamt 25.397 Beschäftigten beteiligt.

 Der „Geschäftsklima-Index“ der Vorarlberger Industrie – das ist der Mittelwert aus der aktuellen Geschäftslage und der Einschätzung der Geschäftslage in sechs Monaten – hat sich im 1. Quartal 2022 erstmals seit dem 2. Quartal 2020 wieder verschlechtert, wenngleich mit +32,10 %-Punkten aber immer noch auf einem hohen Niveau. „Auf Basis einer hervorragenden Ausgangslage, bremsen Unsicherheiten die aktuelle konjunkturelle Entwicklung. Die vielfältigen Risikofaktoren prägen die vorsichtigen Zukunftserwartungen unserer Industrieunternehmen“, sagt Amann und erklärt weiter: „Gefüllte Auftragsbücher nützen wenig, wenn die Aufträge aufgrund nicht vorhandener Rohstoffe und fehlender Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht bearbeitet werden können. Die stark steigenden Preise bei Energie und Vormaterialien geben gleichzeitig zusätzlichen Druck für Preiserhöhungen und führen absehbar zu einer Verschlechterung der Ertragslage.“

 Die aktuelle Geschäftslage wird von 70 Prozent der befragten Unternehmen noch als gut bezeichnet. Die Geschäftslage in sechs Monaten wird allerdings nur mehr von 15 Prozent als gut eingestuft, für 14 Prozent wird sie sich verschlechtern. Das spiegelt sich eben auch in der Einschätzung der Ertragslage in sechs Monaten wider. 49 Prozent rechnen mit einer schlechteren Ertragslage im kommenden halben Jahr, für nur sieben Prozent wird sie besser sein. Der Bedarf an Mitarbeiter:innen bleibt weiter sehr hoch. Mehr als die Hälfte der Befragten (58 Prozent) wollen den Stand ihrer Mitarbeitenden in den nächsten drei Monaten ausbauen, 38 Prozent planen ihn zumindest zu halten.

Pflichtschule fokussieren

„Es ist erfreulich, dass die Betriebe auch in unruhigen Zeiten zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einstellen. Erschwert wird dies allerdings durch zunehmende Lücken in der Pflichtschulausbildung, die ihrem grundlegenden Bildungsauftrag, besonders beim sinnerfassenden Lesen und den Grundrechnungsarten, nicht immer gerecht wird“, sagt Amann. 40 Prozent der Unternehmen (Zusatzfrage im 1. Quartal) sehen bezogen auf die Lehrlingsausbildung den Bildungsauftrag durch die Pflichtschulen nur mehr schlecht bzw. sehr schlecht erfüllt, nur 3 Prozent bezeichnen sie als sehr gut erfüllt. Alle der Pflichtschule nachgelagerten Ausbildungen müssten, die in neun Jahren Pflichtschule entstandenen Lücken, mit enormem zeitlichem und finanziellem Aufwand ausgleichen. 

Amann: „Wir bitten die Pflichtschulen ihre Arbeit zu fokussieren und ihrem Kern-Auftrag rasch wieder gerecht zu werden: Junge Menschen müssen sinnerfassend lesen können - gesellschaftliche Probleme, wie wir sie aus anderen Ländern mit besonders hoher Jugendarbeitslosigkeit kennen, drohen sonst als Konsequenz“. 

Aktivitäten in den Bereichen der „außerschulischen Schülerbetreuung“ oder im „Freizeitteil der ganztägigen Schulform“ können nur ergänzen. Die effektivere Nutzung der Unterrichtszeit in den neun Jahren der Pflichtschule muss jedoch im Vordergrund stehen und sollte von den Schulbehörden im Interesse der Schülerinnen und Schüler in den Fokus genommen werden. Die der Schulaufsicht seit langem zur Verfügung stehenden, detaillierten Leistungsmessungen (Pisa etc.), sollten zur Unterstützung der Lehrerinnen und Lehrer auf dem Weg zum chancenreichsten Lebensraum für Kinder aktiver genutzt werden. 

Branchenergebnisse

Metalltechnische Industrie (Maschinen- und Metallindustrie)
Die Maschinen- und Metallindustrie zeigt weiter einen positiven Trend. Für 95 Prozent ist die Geschäftslage derzeit gut. Erfreulich ist auch die Beurteilung der aktuellen Auslandsaufträge. 99 Prozent sprechen von einer guten Situation. Die Aussichten in sechs Monaten sind allerdings wenig erfreulich. Eine gute Geschäftslage wird dann nur mehr von einem Prozent der befragten Unternehmen erwartet. 71 Prozent rechnen mit einer ungünstigeren Ertragssituation in sechs Monaten.

Lebensmittelindustrie (Nahrungs- und Genussmittelindustrie)
Stabil ist die Geschäftslage in der heimischen Lebensmittelindustrie. Von 62 Prozent wird sie als gut angesehen. Für nur ein Prozent der befragten Unternehmen ist sie aktuell schlecht. 79 Prozent wollen ihren Mitarbeiterstand in kommenden drei Monaten weiter erhöhen, falls die ausreichend Bewerbungen erhalten. Beim Ertrag in sechs Monaten erwarten 37 Prozent eine ungünstigere Situation. 

Textilindustrie
Minimal verbessert hat sich die Geschäftslage zum Vorquartal. Die Geschäftslage wird von 40 Prozent der befragten Unternehmen als gut bezeichnet und 24 Prozent beurteilen sie als schlecht. In 92 Prozent der Unternehmen werden die Verkaufspreise in den nächsten drei Monaten voraussichtlich steigen und in keinem Einzigen fallen. Positiv sind die Einschätzungen für den Mitarbeiterstand. Über ein Drittel der Textilbetriebe (39 Prozent) möchte diesen erhöhen. 

Elektro-/Elektronikindustrie
Aus der Elektro-/Elektronikindustrie sind durchwegs positive Signale zu vernehmen. Der Großteil der befragten Unternehmen beurteilt die aktuelle Geschäftslage und die Auslandsaufträge sowie den Ausblick in die nächsten sechs Monate gleichbleibend oder positiv. 73 Prozent der Unternehmen planen ihren Mitarbeiterstand zu erhöhen. 

Verpackungsindustrie
29 Prozent der befragten Unternehmen der Verpackungsmittelindustrie beurteilen die aktuelle Geschäftslage als gut, 71 Prozent mit durchschnittlich. Mit steigenden Verkaufspreisen rechnen 97 Prozent. Deutlich pessimistischer ist die Beurteilung in sechs Monaten. 53 Prozent erwarten eine ungünstigere Geschäftslage und 44 Prozent rechnen mit sinkenden Erträgen.

Die Umfragemethode:
Den Unternehmen werden drei Antwortmöglichkeiten gegeben: gut, durchschnittlich, schlecht. Errechnet werden die (beschäftigungsgewichteten) %-Anteile dieser Antwortkategorien, und dann wird der konjunktursensible „Saldo“ aus den %-Anteilen positiver und negativer Antworten unter Vernachlässigung der neutralen gebildet.

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