

9.3.2023
Das Mindset zur Arbeit muss sich wieder verbessern“
Arbeitsmarkt. „Es geht um Eigenverantwortung, Flexibilität und Agilität“, sagt Verena Eugster, Vorsitzende der Jungen Wirtschaft Vorarlberg im Gespräch mit „Die Wirtschaft“ über aktuelle Herausforderungen am Arbeitsmarkt.
Verena, du bist Vorstandsvorsitzende der Jungen Wirtschaft Vorarlberg und erfolgreiche Unternehmerin. Wie siehst du die derzeitige Diskussion rund um das Thema Work-Life-Balance?Ich würde sagen, die Arbeitswelt ist in einem enormen Wandel. Es wird kein Stein auf dem anderen bleiben. Es gibt viele mögliche Konzepte für das neue Arbeiten. Ich glaube aber Worte wie New Work, Work-Life Balance und Vier-Tage-Woche werden oft missbraucht. New Work bedeutet an erster Stelle auch sehr viel mehr Eigenverantwortung, Flexibilität und Agilität. Nicht jede:r will das leisten. Vor allem in einer Zeit, in der viele Menschen wenig Geld zur Verfügung und Sorgen haben und natürlich auch der Fachkräftemangel, die Energiekrise und die Inflation unserer Wirtschaft zusetzt.
Wir leben in einer Zeit des akuten Fachkräftemangels, was muss sich in puncto Arbeit verändern?
Es verändert sich grundsätzlich viel in der Arbeitswelt, weil auch die Globalisierung so rasch vorangeht. KI (künstliche Intelligenz) wird viel ablösen und noch an Geschwindigkeit zulegen müssen, weil bei uns einfach Fachkräfte fehlen und die KI noch nicht so weit ist. Die Industrie muss trotzdem schnellstmöglich automatisieren und digitalisieren. Der Mensch als Arbeitskraft ist eine viel zu wertvolle Ressource, als dass wir diese Arbeitskraft noch an der Linie stehen lassen können. Wir brauchen ein neues Bildungssystem und ein neues Verständnis für Weiterbildung, Wissensvermittlung und den zweiten und dritten Bildungsweg. Das Mindset zur Arbeit muss sich wieder verbessern: Arbeit ist etwas Schönes, dass man gerne tut, wo man gerne hingeht, etwas gestalten kann, etwas das sich auch lohnt.
Muss arbeiten einfach wieder mehr Spaß machen oder geht es viel eher um den „Sinn“ hinter der Tätigkeit, den viele offenbar verloren haben?
Ich glaube es ist Beides. Spaß ist, wenn du das richtige Umfeld hast, dich im Team wohlfühlst und etwas gestalten kannst. Sinn ist, wenn du etwas machst von dem du weißt, dass du am Ende des Tages etwas in der Welt mitgestaltet hast. Gerade zu Covid-Zeiten haben wir gesehen, wie systemrelevant viele Jobs sind. Fließbandtätigkeiten, Müllabfuhr, Einzelhandel – es gibt aus meiner Sicht keine sinnlosen Jobs in Vorarlberg. Klar gibt es auch Jobs, die nicht so viel Spaß machen, aber wir müssen uns einfach die Frage stellen, was hier los wäre, wenn diese wesentlichen Arbeiten nicht mehr erledigt werden würden. Und mehr Respekt vor den Menschen haben, die diese Dinge für uns als Gesellschaft leisten.
Du hast kürzlich in einem Interview gesagt, dass die Jungen wichtig für den Erfolg unseres Wirtschaftsstandortes sind…
Erstens kann man nie aufhalten, wie sich eine Generation entwickelt. Meine Eltern haben oft gesagt: „Wie soll das noch weitergehen?“, aber es wird immer weitergehen. Die Arbeit, die Wirtschaft, die Welt werden sich anpassen. Zweitens braucht es aber auch ein gemeinsames Bekenntnis in unserer Gesellschaft. Wenn ein junger Mensch aus persönlichen Gründen, eine 80 Prozent Lehre machen will, kann ich das akzeptieren aber ich frage mich generell wie es weitergehen soll? Leistung, das ist Wirtschaft und das bedeutet am Ende des Tages Wohlstand. Wenn wir alle oder viele nichts mehr leisten wollen, etwas gestalten und weiterbringen, dann wird es irgendwann wirtschaftlich spannend; wahrscheinlich nicht für meine, aber die Generationen danach.
Vielen Dank für das Gespräch!
Interview: Eva Niedermair